Die Solidarität mit den Reichen?

Basel kommt zu kurz, war rund um die Nominationen der Bundesratskandidaten oft zu hören. Die Linke hat versucht, dies mit der NFA zu beweisen. Hinter dieser Abkürzung verbirgt sich die „Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen“, ein gleichermassen wichtiges wie kompliziertes Reformprojekt. Es verlangt im Wesentlichen, dass der soziale Ausgleich unter den Kantonen von der Frage entkoppelt wird, ob der Bund oder die Kantone eine bestimmte Aufgabe finanzieren. 2004 sprachen sich die Stimmberechtigten für die NFA aus, in Basel-Stadt gar mit 75 Prozent.

Geberkanton. Die Kritiker führen nun ins Feld, dass Basel-Stadt, in der NFA einer der wenigen reichen Geberkantone, von der Mehrheit der ärmeren Nehmerkantone übervorteilt wird. Diese würden damit die Steuern senken und uns in einen Steuerwettbewerb zwingen. Diese Sicht der Dinge ist nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig. Es stimmt erstens, dass vor allem die städtischen Kantone mehr geben als nehmen. Dies war aber bereits unter dem alten Finanzausgleich der Fall, wenngleich dies damals nicht so offensichtlich wurde. Über die Jahrzehnte zu einem undurchsichtigen Dickicht verwachsen, liessen sich die genauen Finanzströme kaum mehr auseinanderhalten. Es ist zweitens aber falsch, dass sich ein Kanton dank Steuersenkungen üppiger aus den nationalen Ausgleichgefässen bedienen kann – im Gegenteil: Der Wohlstand der einzelnen Kantone bemisst sich gemäss NFA nicht am Staatshaushalt, sondern am Kassenstand der Bevölkerung. Ziehen nach einer Steuerreduktion vermehrt wohlhabende Leute zu, sinken die Zuschüsse durch den Finanzausgleich.

Minderheit. Drittens hat die Linke die NFA schon immer abgelehnt – und muss ihn deshalb auch heute kritisieren. Vordergründig führte sie damals die Behindertenhilfe ins Feld, die neu von den Kantonen statt vom Bund verantwortet wird. In Tat und Wahrheit aber ging es darum, die Stärkung des Föderalismus zu verhindern. Schliesslich ist den etatistischen Kräften ein Dorn im Auge, dass der kleinräumige Wettbewerb die Staatsquote bei uns tiefer hält als in jedem Nachbarland. Aus der gleichen Ecke stammt denn auch die so genannte „Steuergerechtigkeits-Initiative“, über die wir im November abstimmen. Damit soll die Steuerbelastung national angeglichen werden. Kommt die Initiative durch, dürften die Steuern anderswo steigen – und bei uns nicht sinken. Viertens aber haben die Basler Sozialdemokarten auf jeden Fall recht, dass die Reichen immer in der Minderheit sind, gleichzeitig die Mehrheit finanzieren und deshalb darauf achten müssen, nicht unterzugehen. Das ist eine bemerkenswerte Erkenntnis. Denn ansonsten wird gerne gegen Vermögende und Besserverdienende gehetzt, die „uns da unten“ vertrampen – aktuell etwa beim Abstimmungskampf über die Revision der Arbeitslosenversicherung. Auch die Solidarität folgt zuweilen einer variablen Geometrie.

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