Viel Staat – viel Staatsschutz

Der Staatsschutz geht um – in Basel ist wieder von einer Fichenaffäre die Rede. Noch ist unklar, welche Informationen über einzelne Mitglieder des Grossen Rats gesammelt worden sind. Und es bleibt offen, was die nun untersuchenden Politiker und Behörden herausfinden werden. Auch wenn die Skandalisierung nicht erhärteter Fakten immer problematisch ist, bleibt die generelle Empörung mehr als verständlich. Viel ist dabei von demokratischer Kontrolle die Rede, wenig leider vom Staatsschutz selbst. Denn mit diesem Begriff ist nicht, wie man aus liberaler Warte hoffen könnte, der Schutz vor dem Staat gemeint, ebensowenig der Schutz durch den Staat. Vielmehr geht es um den Schutz des Staats an sich. Ein berechtigtes Anliegen?

Selbstläufer. Zweifelsohne können die staatlichen Organe ihren Aufgaben, die ihnen die Bevölkerung mehr oder weniger freiwillig finanziert, nur unter einem gewissen Schutz nachkommen. Zu einem Selbstzweck aber darf weder der Staatsschutz noch der Staat selbst werden. Genau dies ist in der politischen Debatte aber immer wieder zu beobachten. Staat und Gesellschaft werden genauso verwechselt wie politische mit gemeinschaftlichen Handlungssphären. Dass infolgedessen auch der Staatsschutz gelegentlich über die Stränge zu schlagen scheint, liegt in der Natur der Sache. Wer das Primat des Staats einfordert, darf nicht erstaunt sein, wenn dieser seinen eigenen Schutz manchmal überinterpretiert. Demokratische Kontrolle mag gut sein, bleibt aber Symptombekämpfung. Ist der Ruf nach immer mehr Staatlichkeit auch gut gemeint und arbeiten die Staatsangestellten gewiss verantwortungsbewusst, ändert dies nichts an der systembedingten Tatsache, dass auch das staatliche Machtsystem dazu neigt, zum Selbstläufer zu werden.

Ironie. Dass die Linke einst – und offenbar noch heute – im besonderen Fokus des Staatsschutzes steht und gleichzeitig zu dessen heftigsten Kritikern zählt, ist doppelte Ironie der Geschichte. Wer dem Machtapparat Staat immer mehr Kompetenzen, Mittel und Aufgaben zuschanzt, darf sich nicht wundern, wenn der Geist, den man rief, einem selbst erscheint. Und gleichzeitig sollte der Staatsschutz, wollte er tatsächlich zuerst und vor allem den Staat selbst schützen, nicht dessen vorderste Verteidigungslinie der Subversion verdächtigen. Dem Staatsschutz wird die Arbeit deswegen kaum ausgehen – liberale Parteien gibt es mittlerweile doch einige…

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