Die SP-Steuerinitiative schadet Basel

Die Steuererhöhungsinitiative der SP, kommt die Basler Finanzdirektorin öffentlich zum Schluss, sei im Interesse des Kantons. Sie erkennt dabei richtig: „Sie [die tiefen Steuersätze anderer Kantone] zwingen uns, unsere Leistungen zu hinterfragen“. Das sei ein Hohn. Nun, vielmehr und vor allem ist das der Kern der überragenden Idee des Wettbewerbs. Sie zwingt uns alle in der Tat, unsere Leistungen ständig zu hinterfragen. Bietet ein Unternehmen zu teure oder schlechte Produkte an, bleibt die Nachfrage aus. Es muss – und weil es muss, wird es auch – reagieren, indem es etwa die Preise senkt oder die Qualität steigert. Auf den Staat übertragen, funktioniert dies dann, wenn der Bürger nicht nur mit der Hand, sondern auch mit den Füssen abstimmen, sprich sein Bündel packen und ein paar Tausend Meter in eine neue Gemeinde oder einen anderen Kanton ziehen kann.

Dass dem so ist, sagen nicht nur der liberale Ideologe und jedes Lehrbuch, dies zeigt auch ein Blick auf den Atlas. Es ist kein Zufall, dass sich das weltweit reichste Flächenland ohne eigene Bodenschätze, die Schweiz, von praktisch jedem anderen durch eine ausgesprochen föderale und kleinräumige Struktur unterscheidet. Diese sorgt für Vielfalt, Machtteilung und einen niederschwelligen Standortwettbewerb. Dieser wohl wichtigste Faktor des Erfolgsmodells Schweiz will die SP nun beschneiden. Nicht nur formell, auch materiell seien die Steuern zu harmonisieren. Den Kantonen soll die Hoheit über die Einkommens- und Vermögenssteuer der Reichen und so der Anreiz genommen werden, sich um diese Schicht – und damit um die ganze Bevölkerung bemühen zu müssen.

Denn der Wettbewerb führt nicht erst zur Reaktion, wenn ein Unternehmer vor dem Konkurs oder eine Behörde vor dem Massenexodus guter Steuerzahler steht. Schon nur die hypothetische Möglichkeit, das Wissen, an anderen gemessen zu werden, hält private wie öffentliche Körperschaften an, sich um ihre Kunden und Bürger zu kümmern. In diesem Sinne profitieren auch die weniger Mobilen von jenen kritischen Konsumenten und Reichen auf dem Sprung, die „ihre“ Firma und „ihre“ Obrigkeit unter ständige Beobachtung setzen.
Mit anderen Worten sind die Leidtragenden der SP-Initiative nicht allein die wenigen Wohlhabenden in Schwyz und Zug, deren Steuerrechnungen direkt erhöht werden, sondern auch der Mittelstand in den Hochsteuerkantonen wie Basel-Stadt. Zwar nimmt dessen Steuerbelastung nicht unmittelbar zu, der Druck auf jeden Fall aber ab, diese zu senken. Und mittelbar geht generell das kantonale Preis-Leistungs-Verhältnis zurück, werden staatliche wie private Unternehmen doch je träger, je abgeschottener und geschützter sie wirtschaften können. Damit verschlechtert die Schweiz ihre Karten auch als ganzes. Dank des inländischen Wettbewerbs funktionieren selbst die Hochsteuerkantone im weltweiten Vergleich auf einem hohen Qualitäts- und tiefen Preisniveau. Gerade die international ausgerichtete Industriestadt Basel ist darauf angewiesen, dass die behördlichen Leistungen laufend verbessert werden. Denn der Arm der SP reichte nicht bis nach Singapur, um den Standortwettbewerb ebenso international zu beschränken.

Diesen Zusammenhängen kann sich auch die Linke nicht vollends verschliessen. Sie versucht denn auch zu argumentieren, man sei nicht grundsätzlich gegen den Wettbewerb, wohl aber gegen dessen übermässigen und schädlichen Auswüchse. Dies erinnert nicht nur an die Sonntagsliberalen in allen Branchen und Parteien, die eine freiheitliche Wirtschaftsordnung zwar begrüssen, aber bitte nicht bei ihnen. Vor allem schlägt die Behauptung fehl, der innerschweizerische Standortwettbewerb sei exzessiv und führe zum viel zitierten „Race-to-the-Buttom“, zum Abbau von Staatsleistungen und Steuereinnahmen gegen Null. Das Gegenteil ist der Fall. Zum einen nehmen die bundesrechtlichen und interkantonalen Bestimmungen ständig zu. Die Kantone werden immer mehr zu Ausführungsorgane des Bundes – mit laufend weniger Kompetenzen auch über ihre Finanzen. Zum anderen dürfen sich die staatlichen Leistungen in der Schweiz – und auch in Basel – mit jedem der zentralistischeren Nachbarländer vergleichen lassen. Schon nur der flüchtige Blick über die nahen Grenzen zeigt, dass der öffentliche Verkehr, das kulturelle Angebot oder die Perfektion des Strassenunterhalts hiesigen Zuschnitts keinen Direktvergleich zu scheuen brauchen.

Kommentar schreiben

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *.