Mehr Stadt heisst weniger Bund

Der nationale Wahlkampf 2023 ist gestartet, und die Basler Linke versucht, sich als Urbanisten zu positionieren, die beim Bund mehr «Stadt» und mehr «Offenheit» einbringen wollen. Tatsächlich sichern die Städte als Motoren des geistigen und technologischen Fortschritts und damit des Wirtschaftswachstums unser aller Wohlstand. Dass dies auch die Linke realisiert hat, ist erfreulich. Deren Wahlkampfballon, mit einem schmucken «Haus der Städte» Bundesbern weiter ausbauen zu wollen, zielt allerdings fehl.

Im Gegenteil brauchen wir weniger «Bern». Erstens muss die Schweiz ihre föderalistischen Wurzeln besser pflegen und den zentralistischen Trend stoppen. Obwohl in Reden zum 1. August eine schwindende «Cohésion nationale» behauptet und bedauert wird, ist im politischen Alltag das Gegenteil bedroht: Die Entscheidungsfindung in den Kantonen, nahe bei der Bevölkerung, im engen Wettbewerb um die besten Leistungen und die tiefsten Steuern, das kleinräumige Ausprobieren und ständige Verbessern.

Zwar ist der oft gescholtene «kantonale Flickenteppich» weder elegant noch einfach, aber letztlich hauptentscheidend dafür, dass hierzulande die Staatlichkeit kleiner und die Freiheit grösser als bei unseren Nachbarn ist.

Es ist deshalb falsch, im Bundeshaus nach Kitaplätzen oder Sozialarbeit für Senioren zu verlangen. Dies hat auf dem bundespolitischen Parkett nichts verloren: Warum soll ein Kleinbasler die Kinder- oder Seniorenbetreuung im Puschlav mitfinanzieren? Unser Land ist subsidiär, von unten nach oben aufgebaut, mit klaren Zuständigkeiten von Gemeinde, Kanton und Bund – und nicht umgekehrt.

Das erfordert und ermöglicht zweitens, dass der Bund weniger umverteilt und ergo mehr Geld in den Kantonen verbleibt. Besonders im Fokus sind dabei regelmässig die reichen Stadtkantone. Das führt bei linken Stadtvertretern im National- und Ständerat regelmässig zum Dilemma, wie jüngst das Gezänk um die Mehreinnahmen aus der internationalen OECD-Steuerreform zeigte: Wer ständig der Umverteilung das Wort redet, gegen Grosskonzerne mobil macht und konfiskatorische Reichtumssteuern verlangt, hat wenig Glaubwürdigkeit, wenn es darum geht, die reicheren Kantone gegen die Mehrheit der nicht ganz so Reichen zu verteidigen.

Wer den anderen das Eigene aufdrücken will, die Einheit statt die Vielfalt des Landes fordert, darf nicht erstaunt sein, wenn er im Fall der Fälle kein Verständnis für die eigenen Eigeninteressen findet.

Und drittens zur «Offenheit»: Tatsächlich sind offene Grenzen für die Städte und deren Wirtschaft, besonders für die Grenzregion Basel, wichtig und die Beziehungen zu unserem grössten Handelspartner EU zentral. Besonders glaubwürdig ist die Linke hier aber nicht, hatten doch die Gewerkschaften grossen Anteil daran, dass das – weniger schlechte als mehr schlechtgeredete – institutionelle Rahmenabkommen mit der EU scheiterte. Dann bringt es auch nicht mehr viel, im Wahlkampf zu fordern, dass die Städte direkt mit Brüssel verhandeln sollen. Zur Subsidiarität Sorge zu tragen, bedeutet auch, das beim Bund zu lassen, wofür er genuin zuständig ist. Ein allgemeines Kuddelmuddel der Zuständigkeiten spielt nur den Zentralisten in die Hände.

Zudem darf sich Offenheit nicht in unserem Verhältnis zur EU erschöpfen. Vielmehr ist der Freihandel auf allen Ebenen zu fördern, also das Gegenteil dessen, was Sozialdemokraten und Grüne mit der Durchregulierung der internationalen Märkte anstreben. Offenheit meint ferner, sich ebenso wenig technologisch, geistig oder sozial zu verschliessen. Technologieverbote etwa bei der Energiewende oder den Biowissenschaften gehen in die genau falsche Richtung – von der zunehmenden Tendenz, sich auf den politischen Gegner gar nicht mehr einzulassen, sondern ihn aus dem Diskurs streichen zu wollen, ganz zu schweigen.

Wir müssen nicht nach Bern, um aus den Städten möglichst viel hinzubringen und hoffentlich wieder abzuholen. Sich für Basel-Stadt im Bund zu engagieren, heisst, sich für die Autonomie aller Kantone einzusetzen.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Basler Zeitung.

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